Wahre Liebe wartet (doch nicht): Lustige Meldungs-Koinzidenz

Gestern hatte der epd eine Meldung über „Wahre Liebe Wartet“ verbreitete: Eine US-Studie hatte ergeben, dass Keuschheitsgelübde keine große Wirkung haben. „Die Teenager, die sich zur Enthaltsamkeit verpflichtet hätten, seien beim ersten vorehelichen Geschlechtsverkehr ebenso jung wie andere Jugendliche“, so die Forscher.

In der Erhebung der Johns Hopkins School of Public Health wurde das Sexualverhalten von jungen Menschen mit und ohne Keuschheitsversprechen in einem Zeitraum von fünf Jahren miteinander verglichen. In beiden Gruppen seien 75 Prozent der jungen Menschen sexuell aktiv gewesen.

Als besorgniserregend werteten die Wissenschaftler, dass die «keuschen» Teenager deutlich weniger Verhütungsmittel verwendeten.

Wahre Liebe zwischen Creme und Muffins

Heute flattert uns dafür eine E-Mail ins Haus, die uns auf einen Artikel in „Bild der Frau“ hinweist. Das Blatt (das nicht eben zu unseren Standard-Lektüren gehört) berichtet zwischen Beauty-Cremes und Muffin-Rezepten über eben jene Aktion „Wahre Liebe Wartet“ – und das sehr positiv.

Schon im Vorwort lobt Chefredakteur Maczewky die „innere Haltung, nach der man sein Handeln ausrichtet und auch die Konsequenzen dafür trägt“. Auf der Doppelseite werden dann drei Paare vorgestellt, die gewartet haben und ein Single, der genau das vor hat.

Alle drei Paare berichten von positiven Erfahrungen mit dem „Warten“. Eine Paartherapeutin bestätigt in einem Kasten: „Es liegt eine große Chance für die Partnerschaft darin, wenn sich beide zunächst darauf konzentrieren, Bedürfnisse zu äußern und wahrzunehmen und den Partner damit in seiner Gesamtheit zu akzeptieren.“

In einem weiteren Kasten wird die Aktion „Wahre Liebe Wartet“ kurz vorgestellund sogar ein Buch des Hänssler-Verlages empfohlen.

Spannend, dass nach jahrelanger Abstinenz des Themas gleich zwei Meldungen auf einmal dazu auftauchen – und auch noch so ganz unterschiedliche. Dazu zwei Beobachtungen:

Erste Beobachtung

In dem Bild-der-Frau-Artikel werden nur ältere Paare zwischen 30 und 40 portraitiert. Dies ist just auch genau die Altersgruppe, in deren Jugendzeit „Wahre Liebe Wartet“ ihr Hoch hatte. In der US-Studie geht es dagegen um heutige Teenager.

Wahrscheinlich hätten die Bild-der-Frau-Redakteure auch ohne Probleme junge Paare gefunden, die enthaltsam waren und Positives zu berichten hatten.

Ob aber die Studie vor 10 Jahren anders ausgefallen wäre oder vielleicht genauso wie heute, das kann wohl keiner sagen.

Zweite Beobachtung

Eigentlich widersprechen sich die beiden Meldungen ja gar nicht. Es gibt genug Menschen, die positive Erfahrungen mit dem Warten gemacht haben. Und das müssen nicht die verklemmten, scheuen Entlein sein.

Auf der anderen Seite zeigt die Studie aber auch: Ein Versprechen, abgegeben in jugendlicher Begeisterung oder im Rausch der Masse bei Großveranstaltungen ist nicht tragfähig – und nicht sinnvoll.

Und wenn aus einer „Die-werden-schon-keinen-Sex-haben“-Einstellung heraus das Thema Verhütung vernachlässigt oder sogar bewusst vermieden wird, dann kann aus dem hehren Vorsatz schnell ein verantwortungsvoller, aber schwieriger Job als minderjährige Eltern werden. Inklusive Selbstvorwürfen und vielleicht sogar einer bewölkten Beziehung zu Gott, weil man sich vorwirft, ihn enttäuscht zu haben.

Wenn Warten, dann bewusst…

Deshalb sollte man sicher nicht leichtfertig mit solch weitgehenden Versprechen umgehen. Die Tragfähigkeit einer jeden Beziehung, so bestätigen es Sexualexperten und die Wahre-Liebe-Wartet-Philosopohie unisono, entscheidet sich eh nicht im Bett, sondern am Frühstückstisch; also im Gespräch, im gegenseitigen Vertrauen und im richtigen Umgang mit den eigenen Unzulänglichkeiten und denen des anderen. Egal ob mit oder ohne Trauschein. Egal ob mit oder ohne Sex.

Und trotzdem: Das gemeinsame Warten bis zum öffentlichen Ja-Wort kann ein gemeinsames Reifen, ein bewusstes aufeinander Freuen und ein gutes Einüben von Geduld sein.

Unsere Ich-will-alles-und-zwar-jetzt-und-ohne-Kosten-Mentalität (die beim Butterkauf anfängt und bei der sexuellen Schäppchenjagt nicht aufhört) hat mit uns eine Haltung eingeübt, die schnell überall das Beste abgreifen will. Hinterher haben wir aber meist nur einen Haufen Müll zuhause herumfliegen – oder in unseren Herzen.

Da ist ein sehr viel bewussterer Umgang mit Sexualität (in welcher konkreten Form auch immer) ein angenehmer Gegenentwurf. Und einer, der für immer mehr Menschen und gerade auch Jugendliche immer attraktiver wird.

Sollten das deine Freunde auch lesen? Teile es!

Kommentare

6 Kommentare auf "Wahre Liebe wartet (doch nicht): Lustige Meldungs-Koinzidenz"

  1. Stephan Zöllner says:

    Ich kenne das Ergebnis dieser oder einer ähnlichen Studie schon seit Langem weil es schon in unserer lokalen Tageszeitung abgedruckt wurde (Link: http://bibelarbeit.info/download/wlw_artikel_dl.gif ).

    Was mich an dieser Angelegenheit befremdet ist vor allem, daß die Teenager und Jugendlichen durch diese WLW-Initiative mit großem Tam-Tam vor allem eines Lernen: Unaufrichtigkeit vor sich selbst und das ist der größte Bärendienst den man einem Menschen überhaupt tun kann.

    Uns Christen steht es keineswegs gut zu Gesicht uns selbst zu belügen weil das die Schlimmste aller Verfehlungen ist da sich durch die schnell einsetzende Verdrängung bald nocht mehr wahrgenommen wird. Ist der Mechanismus aber erst einmal etabliert führt er nachhaltig zu einer doppelten Moral die Jesus aufs aller schärfste Verurteilt hat!

    maranatha Stephan

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  2. Oolon Coluphids says:

    das vorhaben bis zur ehe auf sex zu warten, ist eigentlich eine tolle sache, aber wenn man es bis zur ehe nicht „aushält“ auch eine sinnlose.

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  3. Kristian says:

    Gehört Sex nicht auch zu einer guten Ehe? Bzw. zu einer guten Partnerschaft? Problem ist, denk ich, dass Sex heutzutage hochstilisiert wird von den Medien bis zum geht-nicht-mehr. Und wenn beide Eltern vollzeitig arbeiten gehen, gibt es nur noch das eine, was die Kinder kennen: Medien. Die den Kleinen natürlich erzählen, was die wollen…

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  4. Hermann says:

    Tja, es reicht halt nicht sich vorzunehmen nicht vor der Ehe miteinander ins Bett zu gehen. Vielleicht sollten wir in unseren Gemeinden nicht nur verbieten, sondern helfen. War es früher möglich jung zu heiraten dauert es heute oft viele Jahre vor der beginnenden körperlichen Reife bis zur Ehe. Wie gehe ich damit um? Mir selbst ist es nicht leicht gefallen, geholfen hat uns niemand.
    Meinen Kindern kann ich es nicht verbieten, ich möchte iohnen vermitteln, daß es aber gut ist zu warten. Und ich versuche ihnen dann hoffentlich auch zur Seite zu stehen, ihnen Gelegenheiten zu schaffen mit ihren Freunden/Freundinnen in nicht sexualisiertem Umfeld zusammen zu sein, sich kennen zu lernen, gemeinsame Interessen zu entdecken und zu erfahren.

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  5. Michael Reifen says:

    Hallo,

    bin hier zufällig gelandet.

    Sehr gut geführter Bolg, Angenehm zu lesen, man merkt das hier jemand mit viel
    Energie am werk ist. Möchte mich meinem Vorschreiber anschließen.Ist immer wieder erfreulich zu lesen das auch andere die gleiche Meinung haben.

    Weiter so.

    Gruß

    Michael

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